Papier für Workshop 11 THEMEN DER 2/3rd BEVÖLKERUNG DES ERDBALLS

- Arya Bhardwaj

Mahatma Ghandi wurde einmal von einem Journalisten gefragt, welches seine Politik wäre. Ghandi antwortete, das Leben aller menschlichen Wesen auf dieser Erde ist mein politisches Anliegen. Dieser neue politische Gedanke gab Anstoß zu innovativen Dimensionen nach der französischen politischen Revolution. Es war ein viel anspruchsvolleres und edleres Konzept Im Vergleich zu dem herrschenden politischen System von Mehrheit gegen Minderheit im Rahmen des Nationalstaates, das man gemeinhin das demokratische nennt.

Ghandi nannte sein neues politisches Konzept „Sarvodaya“ ( awakening, enlightenment, soziale Gerechtigkeit und ökonomische Gleichheit für alle. Eine besseres und positiveres Regierungssystem, das sich auf menschlichen Werten aufbaut).

Interessanterweise hatte Ghandi dieses neue politische Konzept entwickelt, nachdem er Ruskin gelesen hatte, einen großen politischen Denker und Philosophen seiner Zeit. Ruskins Buch „Until This Last“, das auf einer biblischen Parabel basierte, hatte ihn am meisten beeindruckt. Ghandi sagte von sich selbst, dass dieses kleine Büchlein für sein ganzes Leben einen entscheidenden Einfluss gehabt hatte. Während seines ganzen Lebens hatte Ghandi für Frieden und soziale Gerechtigkeit für alle gekämpft. Seine unabdingbare Zuwendung galt den Schwächsten der Schwachen. Unermüdlich arbeitete er daran, das schwächste Glied in der „Kette der Menschheit zu stärken (Unto This Last“). Er glaubte fest daran, dass die wahre Stärke der Menschlichen-Kette bei dem „schwächsten Glied“ läge, den Ärmsten der Armen. Die Kette der Menschheit bewegt sich mit der Geschwindigkeit des „schwächsten Gliedes“ dem Erwachen, der Erleuchtung und der sozialen Gerechtigkeit entgegen, dem EFSJ Paradigma.

Leider wurde das grundlegende Prinzip des „menschlichen Staatswesens“, das EFSJ Paradigma von den existierenden politischen Systemen noch nicht akzeptiert. Das Endresultat dieser Tatsache ist das Problem der Gewalt im persönlichen Leben. Gewalttätige Konflikte sind im sozialen Rahmen unserer globalen Gesellschaft an der Tagesordnung in der hässlichen und unmenschlichen Form von Kriegen und Terrorismus. Dieses politische Phänomen breitet sich unaufhörlich aus und explodiert häufig in den verschiedensten Weltgegenden. Sozioökonomische Unterschiede, Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, soziokulturelle Unterschiede auf Kastenbasis, Zwietracht, die aus religiösen Streitigkeiten hervorgeht und die neuen hässlichen Kriege zwischen den Staaten, die um geopolitische Grenzfragen ausgetragen werden, sind einige der Gründe für diese Katastrophen. Dieses sind die Hauptthemen und Probleme der die 2/3 Mehrheit der Menschheit sich heute ausgesetzt sieht.

Die gegenwärtige politische Führung, die Supermächte hat bisher innerhalb der veralteten und verrotteten politischen Systeme vergeblich versucht, Lösungen zu finden für die oben erwähnten Probleme. Die meisten der „künstlich geschaffenen Probleme“ haben ihren Ursprung in den „dahinter liegenden nicht zugegebenen Interessen“ der Supermächte. Diese politischen Kräfte, die durch politische Korruption „Autorität“ gewinnen, herrschen über den Rest der Welt. Bösartige Umstände, die aus den versteckten Interessen korrupter politischer Systeme heraus geschaffen wurden, treiben den normalen Menschen dazu an, unmenschlich zu handeln, unabhängig davon, wo sie auf dieser Erde leben, im Süden oder im Norden. Das Paradigma von Geld, Marktwirtschaft, und materiellem Erfolg (MMDS), das die jetzigen politischen Systeme nutzen, ist völlig ungeeignet, Lösungen für die anstehenden Probleme zu finden, hat total versagt und muß deshalb durch ein anderes ersetzt werden. Dieses Paradigma treibt nicht nur unschuldige Massen in die falsche Richtung, sondern macht sie auch noch zu Sklaven ihrer eigenen geistigen Schwächen (sinnloser Konsumterror, pervertierte Sexualität und Halsabschneider -Wettbewerb), all das hat seinen Ursprung in dem Paradigma MMDS. Die vier tragenden Pfeiler dieses Paradigmas sind

  1. Rüstungsindustrie,
  2. Drogenhandel (legal und illegal),
  3. Bodenspekulation und
  4. das Börsensystem.

Es wäre eine Verhöhnung des positiven Wortes Industrie oder Gewerbe, wenn man es auf alle 4 anwenden würde, denn sie haben die Bedeutung gehabt von arbeitsam, fleißig und rege Sinnvolles zu schaffen.

Ich würde an dieser Stelle gerne erwähnen, dass lange vor Ghandi, George Fox, ein Human-Soziologe, geistiger Pionier des 18. Jahrhunderts eine neue Dimension des Sozio-Spirituellen entwickelt hat, die er Quäkertum nannte. Es war eine neue Dimension des Christlichen und die Einsetzung des Glaubens, an Stelle des Königtums und der Macht des Großreiches. George Fox erkannte eine gewaltige Schubkraft in der Idee: Wie kann es möglich werden, dass Menschen geholfen wird beim Erkennen und Festhalten an den Kräften der Liebe und des Mitleidens im eigenen Inneren, daran zu glauben und seinen Geist von allen sinnlosen Bildern und vergeblichen Vorstellungen zu trennen. Wie könnte man diese Erkenntnis mit denen teilen, die unter Leid, Sorgen, Stress und Bedrohungen leben? der Mensch muß in seinem Inneren aufgerüttelt werden wie durch ein Erdbeben, wenn er das Leiden seiner Mitmenschen in sich nachvollzieht. Dies war die Grundüberzeugung von George Fox, die er in seinem Quäkertum zum Ausdruck bringen wollte. Er hatte bescheiden und klein angefangen, die vergessenen Grundlagen wahren Christentums wieder aufzubauen. Außerdem stimmte Ghandis politische Auffassung von „Sarvodaya“ ganz klar überein mit den Wurzeln des Quäkertums. Ghandi selbst hat das bestätigt in seinem englischen wöchentlichen HARIJAN. (28. April 1946)

Im 19. Jahrhundert war es Karl Marx, der als großer Sozial-Denker tief bewegt war vom Leiden der Armen, der Arbeiterklasse seiner Zeit. Er litt unter dem Schmerz, Millionen und Abermillionen ausgebeutet und wie Sklaven behandelt zu sehen. Für sie blies er die Trompete, „Arbeiter der Welt, vereinigt Euch!“ Marx war, wie es scheint, zu optimistisch, als er den Massen diesen Kampfruf gab. Vielleicht dachte er, dass die Massen der Welt sich verbünden würden im Kampf gegen die verschwindende Minderheit der Privilegierten, die sie ausbeuteten. Ghandi hatte den Ansatz von Marx erkannt, eine Gesellschaft jenseits eines Staates zu gründen, die auf einer Reinheit der angewandten Mittel und Ziele basieren sollte.

Unglücklicherweise ließ sich auch die Marxsche Vision von einer Gesellschaft ohne Staat (Kommunismus) nicht verwirklichen. Anstatt der Weltbevölkerung der Armen verbündete sich die privilegierte Klasse der „Kaschierten Interessen“ auf schlaue Weise. Seitdem kontrolliert diese mikroskopisch kleine Gruppe erfolgreich mehr al 2/3 des Reichtums der Welt und außerdem die Massen der Unterprivilegierten unter dem System der „parlamentarischen Demokratie“. Der größte Fehler des Systems liegt darin, dass es in seiner Entscheidung tragenden Elite abhängt von dem geistlosen und mechanischen Kopfzahl- Verfahren der Wahl, die die Macht der Mehrheit über die Minderheit etabliert. Was 51 % sagen, wird akzeptiert, was 49 % wollen wird verworfen. Die größte Verfehlung des Systems ist es jedoch, dass es die positive Nutzung der Kräfte der Seele, Gottes einzigartige Gabe, die den Menschen ausmacht, verhindert. Sie ist die Möglichkeit, die Menschen erlaubt, die Kräfte der Liebe und des Mitleidens in sich zu entdecken, das EFSJ Paradigma.

Heute erleben wir, wie die wahren Herrschenden, die Kontrolle über die globalen Ressourcen ausüben, ihre Rolle im Verborgenen spielen. Die Weltbank, MNCs, WTOIMF und das GATT zeigen uns einige wenige Gesichter dieser Hintergrundsherrschaft. Die Supermächte werden von diesen Institutionen überwacht, die das Paradigma von MMDS vertreten. Die politischen Institutionen wie Parlamente und Präsidentschaften versagen bei der Lösung der Probleme ihres eigenen Volkes. Die Führungskräfte dieser gewählten Mächte sind im Gegenteil damit beschäftigt, interne Probleme zu vergrößern und noch zu verschlimmern in den unterschiedlichsten Teilen der Welt. Dann werfen sie sich auf ihre Vorherrschaft und werden selbsternannte Vermittler und geben vor, die einzige Autorität zu sein, die die Probleme lösen könnte. All das geschieht auf Kosten immensen Leidens von Milliarden Unschuldiger. Die letzte Farce dieser Art ist der Krieg in Afghanistan unter Führung der US Administration der noch weitere 100 Nationen ohne ein positives Resultat involvierte,und jetzt starten gerade die Vorbereitungen für einen Krieg gegen Iraq.

Ich denke, dass die wahre Herausforderung für WTR darin besteht, die Massen zu erreichen und ihnen das EFSJ Paradigma nahe zu bringen. Die Botschaft von George Fox, Karl Marx, Tolstoi, Thoreau, Ghandi, Vinoba Bhave und vieler anderer großer Seelen, die die Notwendigkeit betont haben, sozio-politischen und psycho-spirituellen Wandel in die Regierungssysteme zu bringen, wie auch einen Wandel auf individueller Basis, das unmenschliche Paradigma von MMDS abzulehnen. Kein Zweifel. Das ist eine Herkulesaufgabe und wir sind so wenige und so schwach. Aber der Lichtstrahl der Hoffnung und des Glaubens existiert im Herzen der Menschen, den einfachen Massen. Ich habe das selbst erfahren 1985, am 16. Juni hier in Berlin, im damaligen West Berlin. Das internationale Institut Wissenschaftszentrum Berlin hatte mich eingeladen. Im Zusammenhang von Umwelt und Gesellschaft sollte ich mit Jugendgruppen, die an Ghandi interessiert waren, meine Erfahrungen mit der Ghandi-Bewegung austauschen.

Ich hatte über die unglückliche Teilung Berlins gelesen die nach dem 2. Weltkrieg eine gegen die Interessen der normalen Berliner Bevölkerung hässliche Berliner Mauer produzierte. Es war mein erster Besuch in dieser historischen Stadt. Ich habe hier Hunderte von Leuten Von beiden Seiten der Mauer getroffen, die jetzt mit mir befreundet sind, die mir ihre Verzweiflung über die Mauer erklärten und mir sagten, daß niemand die Mauer wirklich wollte außer den Kriegstreibern, den Hintergrund- Interessen-Vertretern, den heimlichen Treibern des kalten Krieges. Ich war schmerzlich berührt von all den Geschichten, wie Familien auseinander gerissen wurden, getrennt von ihren Liebsten und Verwandten. Was konnte ich tun, um mich mit diesem Leiden derer zu identifizieren, die diese Mauer schmerzvoll hinnehmen mußten? Ich besprach mich mit meinem Freund und Gastgeber Manfred Stormer, welche symbolische Aktion ich mir vornehmen sollte, um als jemand, der aus dem Lande Ghandis kommt, mein Mitgefühl für die Situation der Berliner Bevölkerung auf beiden Seiten der Mauer öffentlich darzustellen? Manfred lachte mich aus und sagte: „Denkst Du, daß dadurch die Mauer verschwindet? Das wäre Wunschdenken! “ Ich antwortete ihm, da ich für einen Tag ein Schweigefasten halten und an der Mauer sitzen und beten will, dass ich nicht hier bin, um die Mauer zu durchbrechen, aber dass ich weiß, dass die Mauer verschwinden wird, wenn auch nicht zu meiner Lebenszeit. Am nächsten Morgen wanderte ich mit Stift und Notizbuch zum Checkpoint Charly. Es war ein schöner Sommertag. Ich setzte mich an die Mauer und schloss die Augen um zu beten. Das sprach sich herum und Leute fragten mich, warum ich dort sitze. Da ich mir ein Schweigegelübde auferlegt hatte, antwortete ich Ihnen schriftlich. Um 12 Uhr mittags kam eine Journalistin, eine junge Dame von einer wichtigen Tageszeitung, und bat um ein Interview. Sie sagte: „ Sie fasten hier an der Mauer, glauben Sie, dass Sie die Mauer dadurch ins Wanken bringen können?“ Ich antwortete: „Ich bin nicht hier um die Mauer zu durchbrechen, ich möchte mich einfach nur eins fühlen mit denen, die darunter leiden und in ihrem Herzen diese Mauer nicht wollen. Ich bin todsicher, dass diese Mauer eines Tages verschwinden wird.“ Dann wollte sie wissen: „Sie sitzen hier und fasten, denken sie, das produziert eine große Neuigkeit?“ Ich ließ die junge Dame wissen, dass ich hier nicht säße um Sensationsnachrichten zu produzieren. Ich sitze hier einfach und bete und habe ein Gedicht geschrieben, das heißt: „TORO YEH DIW JORO DIL KI TAREN.“ (Laßt uns alle zusammenhalten und die Mauern aufbrechen, die die Menschheit untereinander zerteilen und lasst uns alle Hand in Hand daran arbeiten, die Herzen der Menschen in Liebe und Verständnis zu vereinen.)

Ich glaubte fest daran, dass die Mauer in den nächsten 10 bis 15 Jahren endgültig fallen würde. Ich war höchst erstaunt, dass es schon 1989 geschah, gerade 4 Jahre später. Das führe ich wirklich eindeutig auf die Kraft des EFSJ Paradigmas zurück, das wie eine Tiefenströmung im Ozean im Herzen einfacher Menschen wirkt. Wir müssen an einem starken Glauben an dieses Paradigma mitwirken, und es den Menschen auf dieser Erde zu erkennen geben, indem wir das MMDS Paradigma zurückweisen, das noch alles beherrscht. Wir haben weder George Fox, Karl Marx noch Ghandi heute um uns. Wir haben aber unter uns engagierte Menschen wie David und Miyoko Basset, Schwester Marian Franz, Dirk Panhuis und Euch alle, die ihr an dieser 9. internationalen Konferenz WTR teilnehmt. Laßt uns alle ein Bekenntnis ablegen, uns engagierter Arbeit zu widmen mit dem Ziel einer Welt ohne Furcht, Kriege und Gefühlen des hilflosen Ausgesetztseins, laßt uns alle selbstlos daran weiterarbeiten, die Träume edler Seelen wie George Fox, Karl Marx, Martin Luther King, und Vinoba Bhave wirklich werden zu lassen. Laßt uns zusammen beten: OM Asmoda Sadgamaya, Tamsomajyotirgamaya, Mriturmamamritam Gamaya. O Lord, führe uns von der Verblendung zur Wahrheit, aus dem Dunkel zum Licht und aus der Todesfurcht in den aufblitzenden Zustand der Erleuchtung. OM Shanti Shanti Shanti.

Arya B. Bhardwaj

Conscience India - Ghandi-in-Action,

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